Über Nachbarschaftstreffs und Quartiere. Junge Leute teilen ihr Wissen über den Sozialen Raum mit.
Schüler der Theatergruppe der Adolph-Diesterweg-Oberschule in Hennigsdorf sprechen über die Funktion der Nachbarschaftstreffs und die Arbeit eines Quartiers, vor allem versuchen sie sich vorzustellen, wofür die Begriffe Quartier und Quartiersmanagement stehen. Die Interviews mit den jungen Leuten wurden im Zuge der Kooperation zwischen der Schule und dem QM-Albert-Schweitzer geführt.
Das Quartier
Interview mit Frau Winkel-Spankau rund ums Thema Nachbarschaftstreffs und Quartiersarbeit.
Frau Winkel-Spankau unterrichtet seit 20 Jahren Oberschüler in den Fächern Deutsch und Geschichte. Geboren wurde sie in West-Berlin und wohnt heute in Berlin-Heiligensee. Das Gespräch mit ihr führen wir in der Adolph-Diesterweg-Oberschule in Hennigsdorf.
QM: Wissen Sie, was ein Nachbarschaftstreff ist?
WSp: Ein Nachbarschaftstreff ist ein Ort, an dem sich Leute aus der Nachbarschaft treffen und austauschen können.
QM: Waren Sie schon einmal in einem Nachbarschaftstreff?
WSp: Nein, war ich nioch nie.
QM: Warum haben Sie noch nicht ein Nachbarschaftstreff besucht?
WSp: Mir wurde noch nie angeboten, dorthin zu gehen. Es gibt auch keine Treffs in meiner Umgebung, Nachbarschftstereffs gibt es nur dort, wo es Probleme gibt.
QM: Wieso glauben Sie, dass ein Nachbarschaftstreff wichtig für die Menschen ist?
WSp:Es ist wichtig, dass es solche Treffen gibt, um nicht allein zu sein, was ich begrüßen würde. Man kann somit auf andere Menschen stoßen und dieses Angebot muss sich nicht nur an sozialbedürftige Menschen richten.
QM: Welche Angebote könnte es in der Zukunft bei einem Nachbarschaftstreff geben?
WSp: Es könnten Kaffee und Kuchen angeboten werden sowie Spielangebote, Bücher wie auch weitere kreative Tätigkeiten.
QM: Würden Sie grundsätzlich den Nachbarschaftstreff weiter empfehlen?
WSp: Ich würde gerne mal dorthin gehen und einen solchen Treff weiter empfehlen.
QM: Würden Sie an der Sauberkeit in der Umgebung der Schule etwas verbessern wollen?
WSp: In der Umgebung hier ist alles zu meiner Zufriedenheit. Die Schule selbst ist auch sehr sauber.
QM: Wie könnte man den Zugang zum Bildungs- und Arbeitsmarkt für Jugendliche mit schwierigen Schulbiographien erleichtern?
WSp: Durch direkte Unterstützung mit Angeboten, Bewerbungstrainings und individueller Betreuung durch Pädagogen eines freien Trägers, der mit unserer Schule zum Beispiel einige Jahre kooperiert hat. Außerdem durch Unterstützung bei den schulischen Leistungen.
QM: Wissen Sie, was ein Quartier ist?
WSp: Eine bestimmte Gegend.
QM: Was macht ein Quartiersmanagement?
WSp: Das kenne ich nur aus der Abendschau. Das gibt es in Gegenden mit sozialen Problemen, wo Hilfe benötigt wird.
QM: Wird in der Schule die Arbeit und die Angebote eines Quartiersmanagements gebraucht?
WSp: Das kann ich für diese Gegend nicht beurteilen. Generell kann es aber nicht schaden, besonders für Jugendliche oder ältere Menschen, die zwischen der Schule und dem Bahnhof wohnen.
QM: Wie kann die Schule von einem Quartier profitieren?
WSp: Durch Aktionen, wie zum Beipsiel das Radioprojekt. Man könnte auch gemeinsam an etwas arbeiten, das Projekt „Kulturmarkt“ zum Beispiel. Dieser findet einmal im Jahr in der Schule statt, man lernt hierbei unterschiedliche Kulturen kennen.
Die Zusammenarbeit mit dem QM führt auch dazu, dass Schülerinnen und Schüler sowie ihre Pädagogen einen besseren Bezug zur Realität im Stadtteil bekommen.
Das Interview führte Lara Jankowski.
Das Erzählcafé
Am 29.09.2020 haben die Gäste und Teilnehmer*innen bei einer Tasse Kaffee spannende Geschichten von Menschen gehört, die einen weiten Weg hinter sich gelassen haben, um in Hennigsdorf anzukommen. Im Rahmen der diesjährigen Interkulturellen Woche 2020 im Landkreis Oberhavel fand im Nachbarschaftstreff des Albert-Schweitzer-Quartiers in der Albert-Schweitzer-Straße 4 erstmalig ein Erzählcafé statt.
Einwanderer*nnen aus verschiedenen Ländern kamen zusammen. Es wurden Fragen erörtert wie: Wo komme ich her? Warum bin ich nach Hennigsdorf eingewandert? Welche Sprachen spreche ich und welche Kultur brachte ich hierher? Mit welchen Schwierigkeiten habe ich zu kämpfen gehabt und was habe ich besonders liebgewonnen.
Menschen aus Angola, Polen, Italien und Syrien erzählen über ihre Schicksale und die ihrer Vorfahren. Historische Fotos aus Hennigsdorf, persönliche Dokumente und Erzählungen über das Erlebte auf dem Weg hierher, waren Themen der multimedialen Veranstaltung.
Der Angolaner Simao Nnzongo, der italienische Kaplan Giovanni Donadel, der Ingenieur Christian Halamoda, die Vertriebenen Erika und Wolfgang Lemke, die Syrerin Rima haben über das Leben der Vertragsarbeiter in Hennigsdorf, das Engagement in der kirchlichen Gemeinde zu sozialistischen Zeiten, über die kulturelle Vielfalt der Gemeinde-Mitglieder, über die Flucht nach dem Krieg und über den Erfolg der Kinder beim Erlernen der deutschen Sprache berichtet.
Die Gäste des Cafés stellten Fragen an die Erzähler*innen und es fand ein reger Austausch statt. Neue Netzwerke sind infolge entstanden, Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen haben sich besser kennen lernen können. Das Wichtigste dabei war, die eigene Geschichte erzählen und mit anderen teilen zu dürfen.
Dazu spielte die galicische Pandereta-Gruppe alte galicische Lieder auf kleinen Trommeln. Die Musikerinnen haben in galicischer Sprache gesungen. Diese Sprache war während des Franco-Regimes in Spanien streng verboten. Heute hat sie dort den Status einer Minderheitensprache.
Teile der Gespräche und der musikalischen Darbietung sind hier zu hören:
Als Industriestandort zog Hennigsdorf bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts Arbeitsmigranten aus Schlesien, Böhmen und Pommern.Einige seiner West- und Ostgebiete musste Deutschland 1918 an Frankreich und Polen abtreten. Die deutsche Industrie hatte sich von Rüstungs- auf Friedensproduktion umzustellen. Die Auftragslage im Elektro- und Walzwerk der AEG in Hennigsdorf ergab sich als sehr schwierig, weswegen die AEG
ausgegliedert werden musste. Gemeinsam mit der „Linke-Hofmann-Werke AG Breslau“ und der „AG
Lauchhammer Riesa“ wurde die „Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf AG“ gegründet. Der gebürtige Schlesier Josef Skrowronek kam im März 1918 von Oberhausen zur Linke-Hofmann-Lauchhammer AG. Josef Skrowronek nahm den ersten Siemens-Martin-Ofen in Betrieb.
Später, zwischen 1927 und 1930, arbeitete er als Obermeister in Russland. Das geschah aufgrund des
Vertrags von Rappalo. Der Vertrag besagte, dass die beiden Staaten, Deutschland und die Föderation
sowjetischer Nationen ihre wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen würden.
Die Vertriebenen Erika und Wolfgang Lemke lernten sich nach Kriegsende 1945 in Mecklenburg kennen und lieben. Dieses Jahr feierten sie ihren 60. Hochzeitstag. Wolfgang Lemke hat seine Ausbildung bei den LEV-Werken Hennigsdorf absolviert. Erika Lemke stammt aus Böhmen, Wolfgang Lemke aus Pommern.
Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums seit der deutschen Wiedervereinigung, war die Ausstellung „Kein schöner Land“ des Potsdamer Vereins Opferperspektive e.V. im Nachbarschaftstreff zu sehen.
Projektpartner: Das Stadtarchiv und der Geschichtsverein e.V. in Hennigsdorf, die „Katholische Kirchengemeinde zu den heiligen Schutzengeln“ in Hennigsdorf, De Berlin Son e.V., der Ausländerbeirat der Stadt Hennigsdorf, H.A.L.T. sowie HWB mbH.
Der Tag des Nachbarn
Zum Tag des Nachbarn stellen wir Projekte und Bauvorhaben im Albert-Schweitzer-Quartier vor, die gemeinsam mit der PuR gGmbH, der evangelischen Martin-Luther-Kirche und der Wohnungsbaugesellschaft HWB mbH durchgeführt werden.
Nachbarschaftstreff, Albert-Schweitzer-Straße 4, Hennigsdorf, PUR gGmbH
Federführend mitwirkende Einrichtungen: PUR gGmbH und die HWB mbH.